Kontrovers: Nummer 161.896 - Der letzte Häftling von Dachau | Video der Sendung vom 27.04.2022 21:15 Uhr (27.4.2022) mit Untertitel

Nummer 161.896 - Der letzte Häftling von Dachau

27.04.2022 ∙ Kontrovers ∙ BR
UT

Woher kam er? Warum musste er ins KZ? Was ist aus ihm geworden? Die Autoren Christian Stücken und Thomas Muggenthaler fangen an zu suchen, folgen seiner Spur. Mehr als 3.500 Kilometer, durch halb Europa. Die Recherche führt über Frankreich bis nach Polen, in die düsteren Jahre des Zweiten Weltkriegs, in eine Spionagegeschichte und zur Familie des Häftlings mit der Nummer 161.896. Der letzte registrierte Häftling heißt Mieczysław Charecki. In Dachau ist vermerkt, dass er aus dem KZ Natzweiler-Struthof kam, in den Vogesen, heute Frankreich. Als die Allliierten 1944 näherkommen, wird Charecki in das Außenlager Neckargartach bei Heilbronn rechts des Rheins verlegt. Schließlich räumt die SS auch dieses Lager und treibt die Häftlinge in einem wochenlangen Todesmarsch nach Dachau. Wir machen Station bei den "Arolsen Archives" im hessischen Bad Arolsen. Hier lagern Akten zu 17 Millionen Menschen, zu unserem Glück finden sich auch Dokumente von Mieczysław Charecki. Und ein Foto von ihm, offenbar nach der Befreiung aufgenommen mit Hemd, Krawatte, Sakko, dazu ein handschriftlicher Brief. Es stellt sich heraus, dass er 1943 verhaftet wurde und Anfang 1944 in das KZ Majdanek bei Lublin gekommen ist. Die Doku "Nummer 161.896 - Der letzte Häftling von Dachau" zeichnet diesen Weg nach. Nach dem Krieg bleibt Mieczysław Charecki drei Jahre in Bayern, er will zunächst aus politischen Gründen nicht zurück nach Hause, so ist es in den Akten vermerkt. Warum? In seinem Brief, der in Bad Arolsen liegt, steht auch seine Nachkriegsadresse. Eine wichtige Spur. Es gelingt den Autoren tatsächlich, seine Familie zu finden. Sein Enkel Marek lädt das Doku-Team ein. Zeit seines Lebens stand ein Foto von Mieczysław Charecki in KZ-Häftlingskleidung auf seiner Kommode, aber viel erzählt hat der Großvater nicht. Das BR-Team zeigt der Familie die Dokumente, die es gefunden hat. Die Familie ist tief bewegt. Er hätte nicht gedacht, dass er dem Opa noch einmal so nahekommen würde, sagt der Enkel gerührt. Die Recherchen gepaart mit den liebevollen Erinnerungen der Familie liefern am Ende ein Gesamtbild - so wird aus der Nummer 161.896, dem letzten Häftling von Dachau, ein Mensch mit einer tragischen, dramatischen und auch versöhnlichen Lebensgeschichte.


Bild: BR /Cendra Polsner