Bayern erleben: Das Rätsel um Attenkirchen | Video der Sendung vom 06.03.2022 13:15 Uhr (6.3.2022) mit Untertitel

Obwohl das oberbayerische Dorf Attenkirchen in der Hallertau zu den ältesten Ortschaften Bayerns gehört, weiß man bislang nur äußerst wenig über seine Geschichte. Zwar wird die erste urkundliche Erwähnung bereits im Frühmittelalter auf das Jahr 830 datiert: "Zartinchirica", Attenkirchen, ist damit um bald 330 Jahre älter als München. Aber sonst gibt es aus den darauf folgenden Jahrhunderten nahezu keine Dokumente mehr. Durchziehende Soldaten zündeten gegen Ende des Siebenjährigen Krieges im Jahr 1762 eine Scheune im Ort an, was zu einem Großbrand führte, dem u.a. die Ortskirche, ein bis dahin existierendes Schloss, ein Wirtshaus und auch der Pfarrhof zum Opfer fielen. Darin aber hatte sich das komplette, beinahe 1.000 Jahre Ortsgeschichte umfassende Archiv befunden, das dabei ebenso ein Raub der Flammen geworden war. Seitdem ist Attenkirchen ein Dorf ohne Geschichte, um das sich aber gleichzeitig merkwürdige Mythen ranken. Denn 39 Jahre vor der Brandkatastrophe hatte ein Kupferstecher namens Michael Wening den Ort bildhaft festgehalten, das einzige existierende historische Bild-Dokument. Schloss, Wirtshaus und Kirche samt einigen Ortsdetails sind dabei akribisch vermerkt. Die wichtigste Information aber wurde nur schriftlich weitergegeben, der Hinweis auf die Existenz einer schwarzen Madonna in der Kirche, angeblich eine Kopie der Madonna von Altötting, die in Attenkirchen eine große Verehrung durch die Gläubigen erfahren haben soll. Auch von der Madonna fehlt längst jede Spur. Aber die Frage steht bislang ungeklärt im Raum: Ist Attenkirchen ein vergessener bayerischer Marienwallfahrtsort? Nicht nur der Umstand, dass in der eigentlich dem heiligen Johannes dem Täufer geweihten Kirche ausgerechnet auf dem Hauptaltar ein großes Gemälde mit einem sehr seltenen Marienmotiv zu finden ist, deutet in diese Richtung. Auch, dass der Altar laut historischer Inschrift ein sogenannter "Privilegierter" ist, d.h. ursprünglich nur hochrangigen Geistlichen zur Zelebration vorbehalten, lässt auf eine einst regionale Sonderstellung dieser Kirche schließen. Entsprechende "Privilegierungen" wurden damals vom Papst in Rom persönlich verfügt – oder aber von ihm delegiert an die regional zuständigen Bischöfe und Ordensoberen zur weiteren Veranlassung.Schließlich: Dass noch im Katastrophenjahr 1762 ein italienischer Adeliger mit römischen Wurzeln in Attenkirchen den Bau einer neuen und für die damaligen Ortsverhältnisse völlig überdimensionierten Kirche in Auftrag gegeben und ihn auch finanziert hatte, gibt weiteren Raum für entsprechende Spekulationen.Der Ortspfarrer von Attenkirchen, Dekan Stephan Rauscher, geht in der Reportage der Sache auf den Grund und sucht in bayerischen historischen Forschungseinrichtungen wie auch römischen Archiven gezielt nach entsprechenden Indizien.


Bild: BR/Michael Mandlik