Sehen statt Hören: Geschichte der Deutschen Gebärdensprache | "Unser Recht auf DGS" (4/6) | Video der Sendung vom 11.07.2020 09:00 Uhr (11.7.2020) mit Untertitel

Geschichte der Deutschen Gebärdensprache | "Unser Recht auf DGS" (4/6)

11.07.2020 ∙ Sehen statt Hören ∙ BR

Uli Hase betrachtete in der Rückschau 2014 dieses erste Mal eher als Kompromiss. Denn es war durchaus nicht so, dass er und Jürgen Stachlewitz diese Sendung vom 18. April 1986 selbstbewusst in Deutscher Gebärdensprache bestritten hatten: "Ich musste ja LBG benutzen, damit die Hörenden und die Schwerhörigen auch zufrieden gestellt wurden. Und du hast Gebärdensprache benutzt. Das Konzept baute darauf auf, dass Du alles in Gebärdensprache bringst und ich sollte alle Inhalte sprechen und dazu begleitend gebärden. Nur so erhielten wir überhaupt das Einverständnis für die Umsetzung unserer Konzeptidee. Das war der Türöffner." Uli Hase Die beiden Freunde hatten darum lange gekämpft. Uli Hase erinnert sich daran gut: "Was waren wir sauer, weil es bei Sehen statt Hören keine Gebärden gab! Da wurde Mundbild mit ein bisschen LBG gezeigt, aber keine Spur von Gebärdensprache! Und wir haben immer wieder mit der Redaktion diskutiert, warum das so sein muss." Das Ringen innerhalb der Redaktion und für die Sendung Sehen statt Hören war gewissermaßen ein Spiegelbild der Gehörlosenbewegung in Deutschland. 1989 gab es eine Sendung zu der Frage, ob Gehörlose das Recht auf eine eigenständige Sprachgemeinschaft haben. Jürgen Stachlewitz moderierte eine Diskussionsrunde mit Uli Hase, zu diesem Zeitpunkt neuer Präsident des Deutschen Gehörlosenbundes, mit den damaligen Vizepräsidenten Robert Brück und Käthe George, Gertrud Stock vom Landesverband Nordrhein-Westfalen, Alexander von Meyenn, 1989 Mitarbeiter im Zentrum für Deutsche Gebärdensprache an der Universität Hamburg, Peter Donath, zu diesem Zeitpunkt 1. Vorsitzende des Elternverbands Deutscher Gehörlosenschulen und Prof. Prillwitz, damals Leiter des Zentrums für Deutsche Gebärdensprache und Kommunikation Gehörloser an der Universität Hamburg. Dass die Deutsche Gebärdensprache aus linguistischer, sprachwissenschaftlicher Sicht eine eigenständige vollwertige Sprache ist, bezeichnete Prof. Prillwitz als unstrittig. Er unterstrich, dass es um die gesellschaftliche und politische Anerkennung und auch die pädagogische Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache ging. So wurden unterschiedliche Bereiche angesprochen: Ob es die mühsam erlernten "oralen" Fähigkeiten zunichte machen könnte, wenn nun alle gebärden. Dass gehörlose Kinder von gebärdensprachkompetenten Lehrern unterrichtet werden sollten. Eine Anerkennung würde auch Dolmetscheransprüche klarer machen, war ein weiterer Punkt. Und außerdem, so Alexander von Meyenn: "soziale Vorteile wären z.B. auch bei Fernsehsendungen, dass wir mehr Untertitel und Gebärden bekommen im Informationsbereich." Das Europäische Parlament hatte im Vorjahr, also 1988, die Gebärden in den EG-Ländern anerkannt. Nun wurde darüber diskutiert, ob die Bundesregierung die DGS als eigene Sprache offiziell anerkennen sollte. Der damalige Vertreter des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Behinderten, Herr Düsseldorf, hatte Jürgen Stachlewitz in einem Interview gesagt, dass er zwar


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