Zeuge der Zeit: Rabbi Dr. Henry G. Brandt · Von der Suche nach dem Verlorenen | Video der Sendung vom 10.02.2022 21:45 Uhr (10.2.2022) mit Untertitel

Rabbi Dr. Henry G. Brandt · Von der Suche nach dem Verlorenen

10.02.2022 ∙ Zeuge der Zeit ∙ ARD alpha
Ab 12UT

Brandt prägte den interreligiösen Dialog und die Wiederbelebung des liberalen Judentums in Europa wie kaum ein anderer. Eine Lebensgeschichte wie ein Abenteuerroman. "Wir sitzen hier gemeinsam im gleichen Boot. Ich helfe Dir, du hilfst mir. So wuchsen wir auf. Das war Freiheit." Erinnert sich Henry Brandt, wenn er von seiner Ankunft als 12-Jähriger in Tel Aviv im Jahre 1939 spricht. Die Freiheit. Nur kurz zuvor hätte Familie Brandt sie fast verloren. Bis zum letzten Moment wollte Vater Friedrich Brandt es nicht wahrhaben. Seine Heimat Deutschland, für die er im ersten Weltkrieg als Patriot gekämpft hatte, würde ihn und seine Familie schützen. Aber weit gefehlt. Es wurde bedrohlich. Für alle Juden. Die beiden Schwabinger Schuhgeschäfte der Familie Brandt wurden enteignet, die geliebte liberale Hauptsynagoge am Lenbachplatz noch vor der Pogromnacht im November 1938 abgerissen. Mit einem der letzten Schiffe nach Palästina gelingt der Familie die Flucht. Für Henry G. Brandt, der damals noch Heinz-Georg heißt, ist es eine Flucht nach vorn. Ein Abenteuer. In diesem erstmals so ausführlichen Interview erzählt der heute 90-jährige Rabbiner Henry G. Brandt von seinen verschiedenen Leben: Seinem Kindheitstraum, Straßenbahnfahrer in München zu werden. Seinem leidenschaftlichen Einsatz als junger Hagana-kämpfer beim Unabhängigkeitsprozess des Staates Israel. Seinem Leben als Marktanalyst bei Ford in England und seiner Berufung zum Rabbiner, die ihn über unterschiedliche Länder zurück nach Bayern führte und zu einem der prägendsten Persönlichkeiten im liberalen Judentum Europas sowie im interkonfessionellen Dialog machte. Was letztendlich ein rosaroter Elefant mit Henry G. Brandts Rückkehr nach Deutschland zu tun hatte - auch davon erzählt der vielfach ausgezeichnete Rabbiner auf seine kluge, humorvolle und einnehmende Weise in diesem Film. "Schuld war eigentlich der rosarote Elefant. Sonst wäre ich vielleicht nie nach Deutschland zurückgekehrt", erzählt Rabbi Dr. Henry G. Brandt. Was es damit auf sich hat, und wie sein Kindheitstraum, Münchner Trambahnfahrer zu werden, von einer Abenteuerreise auf einem der letzten Emigrationsschiffe nach Tel Aviv ersetzt wurde, davon berichtet der heute 90-Jährige in diesem Film. Dr. Henry G. Brandt zählt heute zu den prägendsten Persönlichkeiten im interreligiösen Dialog und der Wiederbelebung des liberalen Judentums in Europa. Eine Lebensgeschichte - wie ein Abenteuerroman.


Bild: br