nachtlinie: Vom Leben nach dem Holocaust | Video der Sendung vom 22.11.2022 23:30 Uhr (22.11.2022) mit Untertitel

1926 als jüngstes von fünf Kindern einer jüdischen Familie im polnischen Łódź geboren, erlebte Leon Weintraub nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in seiner Heimatstadt 1939 ein jahrelanges Martyrium aus Zwangsarbeit, Hunger und Todesangst. Im Getto Łódź/Litzmannstadt arbeitete er zunächst als Klempner und in der elektrischen Werkstatt. Als das Getto 1944 aufgelöst wurde, wurden der inzwischen 18-Jährige und seine Familie ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Nur durch einen Zufall entkam er der Hölle von Auschwitz, indem er sich spontan und ohne zu überlegen einer Gruppe von Häftlingen anschloss, die zu einem Arbeitseinsatz ins Lager Groß-Rosen abkommandiert wurden. Von dort führten ihn weitere leidvolle Stationen in die Konzentrationslager Flossenbürg und Natzweiler-Struthof. Bei seiner Befreiung im April 1945 wog der 19-Jährige nur noch 35 Kilogramm. Nach dem Krieg studierte Leon Weintraub in Göttingen Medizin, heiratete und gründete eine Familie. 1950 kehrte er nach Polen zurück und arbeitete in einer Frauenklinik in Warschau als Gynäkologe und Geburtshelfer, bis er 1969 aufgrund des zunehmenden Antisemitismus in Polen seine Stelle verlor und nach Schweden emigrierte. Seit 1992 engagiert sich der Holocaust-Überlebende als Zeitzeuge gegen das Vergessen – „um den Verneinern zu beweisen, dass sie Lügner sind und falsch denken, bewusst oder unbewusst, um den neuen Nazis das wahre Gesicht des Nationalsozialismus zu zeigen und als eine Verpflichtung gegenüber meinen ermordeten Familienmitgliedern“, wie er sagt. Für Dr. Leon Weintraub ist der Gedanke an die Spirale des Bösen, an ein unaufhörliches gegenseitiges Anklagen, Beschuldigen und Bekämpfen unerträglich. Die Worte Hass und Rache hat er daher aus seinem Wortschatz gestrichen. Bei Andreas Bönte in der "nachtlinie" spricht Weintraub u. a. über seinen Umgang mit dem erfahrenen Leid, seine Botschaft an die Nachwelt und sein Buch „Die Versöhnung mit dem Bösen – Geschichte eines Weiterlebens“.


Bild: br
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bis 20.11.2027 ∙ 18:17 Uhr