Unter unserem Himmel: Pforzen - Wie die Urzeit ins Ostallgäu kam | Video der Sendung vom 17.07.2022 19:15 Uhr (17.7.2022) mit Untertitel
Pforzen - Wie die Urzeit ins Ostallgäu kam
Gefunden wurde Udos Knochen in der Tongrube Hammerschmiede, in der seit mehr als hundert Jahren Ton für die Bauindustrie abgebaut wird. Nur wenige Meter von dem Ort, wo Franz Becherer mit seinem Bagger den Ton von den senkrechten Wänden der Grube kratzt, untersuchen Paläontologen der Universität Tübingen unter der Leitung von Madelaine Böhme den Boden mit Spachtel und Messer nach Fossilien aus der Urzeit. Bis heute haben sie Knochen von mehr als 130 Wirbeltierarten gefunden. Damit zählt die Tongrube zu den reichsten paläontologischen Fundstellen Europas.In Pforzen mit seinen 2.300 Einwohnern geht das Leben auch nach dem Udo-Fund seinen gewohnten Gang. Die letzten Milchbauern Andrea und Manfred Högg sind nicht die einzigen, die der starke Lkw-Durchgangsverkehr plagt. So können die Nebenerwerbslandwirte ihre Kühe nicht einfach durchs Dorf treiben, sondern müssen sie mit einem Rollgatter auf die Weide bringen. Der Ortskern sei verwaist, seitdem die Wirtschaft Zum goldenen Hirschen geschlossen und sich die Infrastruktur in ein Gewerbegebiet jenseits der Wertach verlagert habe. Andrea Högg hat allerdings eine Leidenschaft, die sie mit der Tongrube verbindet, sie töpfert. Aus dem Ton der berühmten Grube hat sie ein kleines Udo-Pärchen geformt.Es ist ein Glück für den Ort, dass es wenigstens noch den Biglmaier gibt. Wie ihre Großeltern schon führt Susi Biglmaier die Wirtschaft, fühlt sich aber selbst nach 40 Jahren noch immer als Zugereiste, weil sie in München geboren ist und in Berlin gelebt hat. Dementsprechend ist ihre Küche keine typische "Dorfküche", wie sie sagt. Geöffnet ist nur am Donnerstag und zu besonderen Anlässen.Pforzen hat fünf Ortsteile. Der kleinste ist Irpisdorf, wo Winnie Stechele an seiner Käsküche arbeitet, in der er einmal seinen eigenen Käse herstellen möchte. Die Gerätschaften hat er gebraucht erstanden und nun opfert er die Freizeit für seinen großen Traum. Da bleibt kaum Zeit, sich dem Allgäuer Menschenaffen zu widmen.Ganz anders dagegen Rudi Stiening und Günter Wolf vom Arbeitskreis Hammerschmiede, die im alten Feuerwehrhaus durch eine Udo-Ausstellung führen. Günter Wolf opfert sogar seinen Urlaub, um als Laie bei einer "Bürgergrabung" in der Tongrube mitzuhelfen. Es sei eine "Knochenarbeit", sagt er, aber sie mache Spaß. Und Prof. Madelaine Böhme weiß, was bei paläontologischen Grabungen wichtig ist: Geduld, Neugier und die Fähigkeit, Fragen zu stellen.Es war übrigens ein Allgäuer, der die ersten Funde in der Tongrube machte. Er hieß Sigulf Guggenmoos. Nach ihm ist Danuvius Guggenmosi alias Udo benannt.
Bild: BR/smac media & consulting/BR